
Zoom-Bombing. Ein weiterer Begriff, der neben R-Wert, Inkubationszeit und FFP2-Masken unseren Pandemie-Wortschatz prägt. Doch was genau ist Zoom-Bombing, wer steckt dahinter und wer ist davon besonders stark betroffen?
Beim Zoom-Bombing werden Online-Meetings gestört. Neben gewaltverherrlichenden Szenen werden oft auch antisemitische und rassistische Obszönitäten über die Lautsprecher und Bildschirme mit den völlig perplexen Teilnehmenden geteilt. Da die Hacker gut organisiert sind und in Gruppen vorgehen, ist der einzige Ausweg oftmals der Abbruch der Live-Übertragung. Dass es sich bei diesem Phänomen mehr als um blöde Lausbubenstreiche handelt, wurde spätestens klar, als das FBI im März eine offizielle Warnung herausgab.
Jüdische Menschen besonders gefährdet
Während jeder Opfer eines Zoom-Bombings werden kann, sind gewisse Minderheiten besonders gefährdet. Bereits im April 2020 warnte der deutsche Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (RIAS) vor antisemitisch motiviertem Zoom-Bombing. Zu Recht, wie sich zeigte: In London wurde eine Veranstaltung einer Synagoge durch antisemitische Beleidigungen unterbrochen. An einer Holocaust Gedenkfeier in Berlin störten Hacker die Zeremonie mit Heil-Hitler-Rufen. Auch Schulen sind betroffen. Während des Online-Unterrichts eines deutschen Gymnasiums erschien ein Hakenkreuz auf dem Bildschirm.
Auch die Schweiz ist betroffen
Auch in der Schweiz ist es mehrfach zu antisemitisch motivierten Zoom-Bombing gekommen. Im vergangenen Mai musste ein Online-Podium der Jungsozialisten abgebrochen werden, nachdem sich Hacker in das Meeting einloggten und antisemitische Karikaturen durch den für alle ersichtlichen Bildschirm teilten. Der mutmassliche Grund für die Störung: Einer der Podiums-Teilnehmer war Jude.
An einer Schweizer Universität kam es Anfang Jahr zu einer antisemitischen Störaktion während eines Vortrags über Judaistik. Die Universität reichte Strafanzeige ein. Vor wenigen Tagen kam es erneut zu einem antisemitischen Vorfall, als Unbekannte sich in eine Kulturveranstaltung der Jüdischen Liberalen Gemeinde Zürich einloggten und die perplexen Teilnehmenden mit Hitlerbildern und Videos von sexualisierter Gewalt an Kindern schockten. Der Event musste schliesslich abgebrochen werden.
Rechtsextreme Szene
Doch wer steckt hinter diesen Attacken? Aufgrund der Anonymität des Internets lässt sich diese Frage nicht immer abschliessend beantworten. Die Vermutung liegt nahe, dass rechtsextreme Gruppierungen für viele dieser Zoom-Bombings verantwortlich sind. In den USA konnte bereits nachverfolgt werden, wie Rechtsradikale gezielt jüdische Online-Veranstaltungen aufspüren, um diese mit antisemitischen Obszönitäten zum Abbruch des Events zu bringen.
Ohnmacht und Entsetzen
Auch wenn die Übeltäter nicht immer identifiziert werden können – für die Betroffenen sind diese Vorfälle schwerwiegend. Gerade für ältere Leute, die während der Pandemie isoliert sind, ist eine solche Erfahrung besonders schmerzhaft. Online-Kulturveranstaltungen bieten eine willkommene Ablenkung, die von zu Hause aus zugänglich sind. Dass jüdische Menschen gerade dort blindem Hass ausgesetzt werden, ist besonders tragisch und kann sogar re-traumatisierend sein für Menschen, die Antisemitismus auch im «echten Leben» erfahren haben. Besonders verstörend ist dabei die Tatsache, dass man diesen schlimmen Szenen zu Hause, in den eigenen vier Wänden, ausgesetzt ist. An dem Ort, an dem man sich sonst am sichersten vor Übergriffen fühlt.
Dass vielen Veranstaltern bei einem Zoom-Bombing nichts anderes übrigbleibt, als den Event abzubrechen, ist tragisch. Denn mit dem Abbruch entzieht man den jüdischen Menschen nicht nur die Möglichkeit einer willkommenen Ablenkung während der Pandemie. Man entzieht ihnen vor allem die Möglichkeit, Teil des kulturellen Lebens zu sein – und damit Teil der Gesellschaft.
Die traurige Lehre, die man aus diesem neuen Phänomen ziehen kann? Was für Antisemitismus im «echten Leben» gilt, trifft auch online zu. Jüdische Institutionen werden systematisch als Ziel für die Verbreitung von Hass und Antisemitismus aufgesucht. Jüdisches Leben und jüdische Kultur sind essentielle Bestandteile unserer Gesellschaft. Dass sie sowohl online wie auch offline besonderen Schutz bedürfen, ist traurige Realität im Jahr 2021.
Hier gibt es Tipps, wie Sie sich vor Zoom-Bombing schützen können.

Lesung und Gespräch zu «Gojnormativität. Warum wir anders über Antisemitismus sprechen müssen.»
Am 8. Mai 2025 sprechen Judith Coffey und Vivien Laumann im Zollhaus Zürich über ihr Buch «Gojnormativität. Warum wir anders über Antisemitismus sprechen müssen».
Im Buch loten die Autorinnen das Verhältnis von Jüdischsein und weiss-Sein aus und gehen der spezifischen Unsichtbarkeit von Juden:Jüdinnen in der Mehrheitsgesellschaft nach. In Anlehnung an das Konzept der Heteronormativität erlaubt «Gojnormativität», Dominanzverhältnisse in der Gesellschaft zu befragen und so ein anderes Sprechen über Antisemitismus zu etablieren.
Das Buch ist eine Aufforderung zu einem bedingungslosen Einbeziehen von Juden:Jüdinnen in intersektionale Diskurse und Politiken und zugleich ein engagiertes Plädoyer für solidarische Bündnisse und Allianzen.
Wann: 8. Mai 2025 um 19:00 Uhr
Wo: Zollhaus Zürich / online mit Livestream
Sprache: Deutsch und Verdolmetschung in Gebärdensprache (auf Anfrage)
Moderation: Prof. Dr. Amir Dziri
In Kooperation mit: ZIID und feministisch*komplex
>>Tickets kaufen: ZIID Zürcher Institut für interreligiösen Dialog
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