Sonderkommando

Die Bezeichnung «Sonderkommando» war ein nationalsozialistischer Tarnbegriff für SS- und Polizeieinheiten, die den Massenmord an den Jud:innen durchführten und seine Spuren beseitigten, sowie für jüdische Häftlinge im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz, die gezwungen wurden, an der Vorbereitung und Durchführung des Vernichtungsprozesses mitzuarbeiten.

  • Der Zusatz «Sonder-» diente im Nationalsozialismus (NS) in zahlreichen Begriffen («Sonderbehandlung», «Sonderaktion», «Sonderlager», «Sonderzüge», «Sondereinsatz», «Sondergebiete», «Sonderaufgaben») zur Verharmlosung und Verschleierung für Mord und Vernichtung. Als «Sonderkommandos» wurden im NS verschiedene Gruppen bezeichnet: Die polizeilichen Einsatzgruppen, die den Wehrmachtseinheiten beim Angriff auf die Sowjetunion Ende Juni 1941 nachfolgten und den systematischen Massenmord an der jüdischen Bevölkerung durchführten, waren in «Sonderkommandos» und «Einsatzkommandos» unterteilt. Die «Sonderkommandos» waren für den Einsatz nahe der Front vorgesehen. Die Führung und das Personal der Vernichtungslager Chelmno, Belzec, Sobibor und Treblinka wurden als SS-«Sonderkommandos» bezeichnet.
    Im Ghetto Lodz wurde eine Abteilung des von den Nazis eingesetzten jüdischen Ordnungsdienstes «Sonderkommando» genannt. Es hatte ähnliche Aufgaben wie die Häftlinge, die in Auschwitz-Birkenau Gepäck und Kleider der Ermordeten sortieren mussten.
    Nachdem Anfang 1942 Berichte über die Massenmorde in alliierten Ländern eingetroffen waren, führten die Nazis die «Aktion 1005» zur Beseitigung der Spuren durch. Die beteiligten Einheiten wurden als «Sonderkommandos 1005» bezeichnet. Unter der Führung deutscher Polizeioffiziere mussten Gefangene in den Lagern und in den besetzten Gebieten Massengräber exhumieren und Leichen verbrennen.
    Im Konzentrationslager Auschwitz I und dem angegliederten Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau (Auschwitz II) waren überwiegend jüdische Häftlinge in «Sonderkommandos» eingeteilt. Sie wurden von anderen Häftlingen isoliert und waren gezwungen, die Leichen der während der Transporte Gestorbenen an der Rampe aus den Zügen zu holen, bei den zur Vernichtung Bestimmten für rasches Auskleiden und den Gang in die Gaskammern zu sorgen, ihr Gepäck und ihre Kleidungsstücke zu sortieren, die Leichen zu verbrennen und nicht verbrannte Knochenreste zu zerschlagen, die Haare der Frauen abzuschneiden und zu säubern, Zahngold aus den Mündern zu brechen. In der letzten Phase der «Endlösung» mussten sie helfen, die Spuren der Verbrechen zu beseitigen. Die «Sonderkommandos» von Auschwitz wurden ganz oder teilweise in fünf «Liquidierungsaktionen» umgebracht; die letzte «Aktion» liess noch 100 Häftlinge am Leben. Insgesamt wurden rund 2’200 Personen zur Arbeit in den «Sonderkommandos» gezwungen. Einigen gelang es, handschriftliche Aufzeichnungen und Zeichnungen in der Nähe der Krematorien und Gaskammern zu vergraben, die nach der Befreiung gefunden wurden. Am 7. Oktober 1944 versuchte das «Sonderkommando» von Auschwitz-Birkenau einen verzweifelten Aufstand; drei SS-Männer wurden getötet, mehrere verletzt und das Krematorium III beschädigt. Keiner der Häftlinge überlebte die Revolte.

Siehe auch die Begriffe SonderbehandlungEndlösungRampe und KZ/Konzentrationslager.

© GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, 2015

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10.04.2024

Diskriminierungsbericht 2023

Der neuste Bericht der GRA und GMS zum Jahr 2023 ist da.

Aufgrund der Ausweitung der Diskriminierungsstrafnorm Art. 261bis des Strafgesetzbuches (StGB) in den letzten Jahrzehnten, auch im Hinblick auf Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung, wurde der Bericht umbenannt und heisst nunmehr „Diskriminierungsbericht“ anstelle von „Rassismusbericht“.

Die umfassende Analyse der jährlichen Diskriminierungsfälle in der Schweiz 2023 zeigt einen sprunghaften Anstieg der antisemitischen Vorfälle nach dem Angriff der Hamas und dem nachfolgenden Krieg in Gaza. Damit einher geht eine zunehmende Sichtbarkeit von allgemein diskriminierenden Taten und Hassreden. Die insgesamt 98 registrierten Vorfälle im Jahr 2023 stellen eine Zunahme um mehr als die Hälfte im Vergleich zum Vorjahr dar.

Was für Schlüsse daraus zu ziehen sind und welche Konzepte im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus helfen können sind im vollständigen Bericht inklusive Interview mit Hannan Salamat vom Zürcher Institut für interreligiösen Dialog (ZIID) und der dazugehörigen Medienmitteilung zu finden.

 

Diskriminierungsbericht 2023

Medienmitteilung Diskriminierungsbericht 2023

 

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