Terrorist / Terrorismus

Als Terrorismus gilt der vorsätzliche, politisch motivierte Gewaltakt, der rücksichtslos und wahllos gegen Zivilpersonen ausgeübt wird, mit der Absicht, eine dritte Partei, die von den Terrorist:innen als der eigentliche Feind betrachtet wird, zu politischen Konzessionen zu zwingen. – Diese enge Definition lässt allerdings ausser Acht, dass in der Geschichte der verheerendste Terrorismus mit der grössten Zahl von Opfern stets von Regierungen gegen ihre eigene Bevölkerung ausgeübt wurde (z.B. UdSSR unter Stalin, NS-Deutschland, Kambodscha 1975, Ruanda 1994).

«Terror» heisst im Lateinischen Schreck, Schrecken und bezeichnet als Person die Gottheit des Schreckens. Das Wort bildet lautmalerisch das Zittern und Zähneklappern des Erschreckten nach. Wichtig dabei ist: «Terror» beschreibt schon in seinem lateinischen Ursprung nicht den Gewaltakt selbst, sondern seine psychologische Wirkung auf die Person, die ihn erlebt – sei es als Opfer oder als Zeug:in. Damit haben wir beim Terror stets drei Akteure: Täter:innen, Opfer und Zeug:innen.

Das Wort Terrorismus kam 1796 aus dem Französischen in die deutsche Sprache. Es bezeichnete die radikale Phase der Französischen Revolution zwischen Juni 1793 und Juli 1794, als die Jakobiner:innen unter Robespierre «La Grande Terreur» ausriefen und Zehntausende von vermuteten Regimegegner:innen durch die Guillotine hinrichten liessen. Hier wurde Terrorismus zum ersten Mal als politisches Programm gebraucht – und zwar für die Politik einer Regierung gegen ihre Untertanen. In der Tat besassen die Regierungen in der Regel immer die weitaus effektiveren Machtmittel zur Einschüchterung und Terrorisierung der Bevölkerung als es Rebellengruppen je hatten. So ist denn auch Staatsterrorismus für die grösste Zahl ziviler Todesopfer verantwortlich. Um nur ein paar Beispiele zu nennen: der Völkermord an den Armenier:innen 1915, die stalinistischen Säuberungen der 1930er-Jahre, der vom nationalsozialistischen Regime verübte Völkermord an den europäischen Jud:innen, die Genozide an der eigenen Bevölkerung in Kambodscha 1975 und in Ruanda 1994.

Dennoch verschob sich im Laufe des 19. Jahrhunderts die Definition von Terrorismus: Staatsregierungen erklärten meist sozialrevolutionäre Gruppen, die Anschläge gegen Repräsentant:innen des Staates verübten, zu Terrorist:innen. In Russland nannten sich kleine revolutionäre Gruppen, die mit propagandistischen Bombenattentaten auf den Zaren und seine Minister den Umsturz durch eine allgemeine Volkserhebung provozieren wollten, sogar mit einem gewissen Stolz selbst Terrorist:innen.

Im 20. Jahrhundert erklärten Lenin und Trotzki als Führer der bolschewistischen Revolution 1920 den «roten Terror» gegen alle Konterrevolutionär:innen. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren es vor allem antikoloniale Aufständische, die ihr Land mit Bomben und Attentaten von den europäischen Kolonialmächten befreien wollten – und die von den Kolonialherren als Terrorist:innen verfolgt wurden. Dies zeigt eine Schwierigkeit auf: Wie Landesverrat eine Frage des Datums ist, so ist Terrorismus eine Frage des Standorts. Fast alle Gruppen, die im Westen als terroristisch gelten, werden in ihrem Heimatland – zumindest von Teilen der Bevölkerung – als Befreiungskämpfer:innen verehrt. Doch sind Bombenanschläge, die sich wahllos gegen Zivilpersonen richten, eindeutig als Terrorakte zu bezeichnen. Denn sie wollen Schrecken säen, indem sie viele unbeteiligte Personen töten, um die Regierung zu Konzessionen zu zwingen.

Siehe auch das Stichwort Genozid.

© GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, 2015

Glossar
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Wurden Sie Zeug:innen eines rassistischen oder antisemitischen Vorfalls oder wurden Sie selbst rassistisch oder antisemitisch beleidigt oder angegriffen?

10.04.2024

Diskriminierungsbericht 2023

Der neuste Bericht der GRA und GMS zum Jahr 2023 ist da.

Aufgrund der Ausweitung der Diskriminierungsstrafnorm Art. 261bis des Strafgesetzbuches (StGB) in den letzten Jahrzehnten, auch im Hinblick auf Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung, wurde der Bericht umbenannt und heisst nunmehr „Diskriminierungsbericht“ anstelle von „Rassismusbericht“.

Die umfassende Analyse der jährlichen Diskriminierungsfälle in der Schweiz 2023 zeigt einen sprunghaften Anstieg der antisemitischen Vorfälle nach dem Angriff der Hamas und dem nachfolgenden Krieg in Gaza. Damit einher geht eine zunehmende Sichtbarkeit von allgemein diskriminierenden Taten und Hassreden. Die insgesamt 98 registrierten Vorfälle im Jahr 2023 stellen eine Zunahme um mehr als die Hälfte im Vergleich zum Vorjahr dar.

Was für Schlüsse daraus zu ziehen sind und welche Konzepte im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus helfen können sind im vollständigen Bericht inklusive Interview mit Hannan Salamat vom Zürcher Institut für interreligiösen Dialog (ZIID) und der dazugehörigen Medienmitteilung zu finden.

 

Diskriminierungsbericht 2023

Medienmitteilung Diskriminierungsbericht 2023

 

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