Deportation

Deportation (von lateinisch deportare = hinabbringen, fortschaffen) ist die Verschleppung von Einzelpersonen und Personengruppen mit staatlicher Gewalt. Deportationen werden als Verbrechen gegen die Menschlichkeit (in Friedenszeiten) oder als Kriegsverbrechen vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag verfolgt.

Schon zur römischen Kaiserzeit (ab 12 v. Chr.) hatte das lateinische Verb «deportare» auch die Bedeutung von «verbannen». Die Staatsmacht verbannte politisch missliebige Personen für Jahre in die Randprovinzen des Reiches; die Verbannten verloren ihre Bürgerrechte.

Deportationen sind Zwangsverschickungen von Einzelpersonen oder – wie der Begriff heute meist gebraucht wird – von ganzen Personengruppen, angeordnet durch eine Regierungsmacht. Solche Deportationen gab es schon im Altertum, etwa als Bestrafung eines besiegten Volkes. Die legendäre babylonische Gefangenschaft der Jud:innen ist ein Beispiel dafür.

In der Neuzeit war die Deportation oft ein Teil des regulären Strafvollzugs. So verbannte Grossbritannien Straftäter nach Australien und Neuseeland. Frankreich verschickte seine Kriminellen in Strafkolonien wie Französisch-Guayana. Das russische Zarenregime deportierte im 19. Jahrhundert politische Gegner:innen mit ihren Familien innerhalb des Landes nach Sibirien. Im 20. Jahrhundert liess Stalin das System der sibirischen Straflager ausbauen. Zeitweise sassen 2,5 Millionen Gefangene gleichzeitig in diesen Konzentrationslagern. Die Gesamtzahl der Deportierten der Sowjetzeit wird bis zu 20 Millionen Menschen geschätzt. Im Zweiten Weltkrieg liess Stalin ganze Volksgruppen aus dem Westen der Sowjetunion nach Osten deportieren (Tschetschen:innen, Krimtatar:innen, Wolgadeutsche).

Nicht selten war die Deportation eine Vorstufe zum Völkermord. So 1915, als die osmanisch-türkischen Behörden den Grossteil der armenischen Minderheit aus Anatolien deportierte. Wer nicht schon auf den Todesmärschen nach Südosten umkam, verdurstete schliesslich am Ende in der syrischen Wüste. Durch diesen Genozid starben bis zu 1,5 Millionen Armenier:innen.
Die Nationalsozialist:innen leiteten ihren Völkermord an den europäischen Jud:innen durch Deportationen in die Ghettos von Osteuropa ein. Ab 1942 wurden die Jud:innen direkt in die Vernichtungslager deportiert.

Aus den Erfahrungen des Holocausts und des Weltkrieges entstanden völkerrechtliche Abkommen, welche unter anderem auch die Deportation unter Strafe stellten. Bereits die Londoner Charta vom 8. August 1945, eine Grundlage der Nürnberger Prozesse gegen die Nazi-Kriegsverbrecher, zählte Deportation unter die Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das IV. Genfer Abkommen zum Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten (1949) verbietet die Deportation der Bevölkerung besetzter Gebiete (Artikel 49). Seit 2002 hat die UNO den Internationalen Strafgerichtshof mit Sitz in Den Haag eingerichtet. Er richtet über drei Delikte des Völkerstrafrechts: Völkermord (Genozid), Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Damit ist er auch für die Verfolgung von Deportationen zuständig. Der Internationale Gerichtshof kann bis zu lebenslange Freiheitsstrafen aussprechen. Der Grundlagenvertrag des Gerichtshofs ist das Römer Statut von 1998; ihm sind bisher 111 Staaten beigetreten (Stand Ende März 2010). Die Schweiz hat das Statut im Oktober 2001 ratifiziert.

Siehe auch die Begriffe Genozid/VölkermordHolocaust und Säuberung.

© GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, 2015

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10.04.2024

Diskriminierungsbericht 2023

Der neuste Bericht der GRA und GMS zum Jahr 2023 ist da.

Aufgrund der Ausweitung der Diskriminierungsstrafnorm Art. 261bis des Strafgesetzbuches (StGB) in den letzten Jahrzehnten, auch im Hinblick auf Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung, wurde der Bericht umbenannt und heisst nunmehr „Diskriminierungsbericht“ anstelle von „Rassismusbericht“.

Die umfassende Analyse der jährlichen Diskriminierungsfälle in der Schweiz 2023 zeigt einen sprunghaften Anstieg der antisemitischen Vorfälle nach dem Angriff der Hamas und dem nachfolgenden Krieg in Gaza. Damit einher geht eine zunehmende Sichtbarkeit von allgemein diskriminierenden Taten und Hassreden. Die insgesamt 98 registrierten Vorfälle im Jahr 2023 stellen eine Zunahme um mehr als die Hälfte im Vergleich zum Vorjahr dar.

Was für Schlüsse daraus zu ziehen sind und welche Konzepte im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus helfen können sind im vollständigen Bericht inklusive Interview mit Hannan Salamat vom Zürcher Institut für interreligiösen Dialog (ZIID) und der dazugehörigen Medienmitteilung zu finden.

 

Diskriminierungsbericht 2023

Medienmitteilung Diskriminierungsbericht 2023

 

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