BDS

BDS ist die Abkürzung für «Boycott, Divestment, Sanctions», eine politische Kampagne gegen den Staat Israel, die international agiert und 2005 gegründet wurde. BDS kämpft laut eigener Aussage für allgemein als positiv anerkannte Werte wie «Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit» (für die Palästinenser:innen). Jedoch steht die Bewegung als antisemitisch in der Kritik, unter anderem weil sie dem jüdischen Staat «Apartheid» und «Siedlerkolonialismus» vorwirft. Letzteres wird weithin als Angriff auf das Existenzrecht Israels verstanden.

Neben inhaltlichen Aspekten und den grundsätzlichen Annahmen über Israel wird BDS vorgelagert vor allem dafür kritisiert, durch die Boykottaufrufe in direkter Traditionslinie der antisemitischen Politik Deutschlands zu stehen. Dort hatte in den 1930er Jahren die NSDAP mit dem Spruch «Kauft nicht bei Juden!» zum Boykott jüdischer Geschäfte aufgerufen. Heute beinhaltet der erste Wortbestandteil von BDS den Aufruf zum Boykott z. B. israelischer Lebensmittel und Industrieprodukte. Der Boykott bezieht sich aber ebenfalls auf den Kulturbereich, wo BDS international einen besonders grossen Einfluss hat und Druck auf jüdische und nichtjüdische Künstler:innen ausübt, nicht im Land Israel aufzutreten. Ebenfalls wird versucht, internationale Veranstalter:innen zu überzeugen, israelischen Künstler:innen keine Auftrittsmöglichkeit zu geben. In der Kritik für seine Nähe zu BDS stand zuletzt beispielsweise der Pink-Floyd-Mitbegründer Roger Waters, der darauf mit dem Zeigen antisemitischer Symbole auf seinen Konzerten reagierte, die sich im Allgemeinen gegen Jud:innen und nicht «nur» gegen den Staat Israel richteten. Ein Boykott wird auch auf der Ebene der wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit Forscher:innen aus Israel gefordert. Das zweite Anliegen der BDS-Kampagne ist es, internationale Investitionen in Israel zu verhindern, es wird ein Kapitalabzug («Divestment») aus Israel gefordert. Drittens lobbyiert die Organisation bei Regierungen und internationalen Körperschaften dafür, Sanktionen gegen Israel zu verhängen.

Ein Eintreten für die Rechte von Palästinenser:innen und eine palästinensische Staatsgründung ist grundsätzlich nicht als antisemitisch zu bewerten. Diese Kritik wird bei BDS vor allem deshalb geäussert, weil es das Existenzrecht Israels durch den Vorwurf des «Kolonialismus» grundsätzlich in Frage stellt. Die Vorstellung, dass fremde europäische jüdische «Siedler:innen» das Land Israel/Palästina «okkupieren» würden, ignoriert die jüdische (Bevölkerungs-)Geschichte auf dem Gebiet, den freiwilligen Verkauf von Land an Jüdinnen und Juden vor der Staatsgründung und den Fakt, dass viele israelische Familien selbst aus der arabischen Welt eingewandert waren. Zudem überträgt BDS den international geächteten, durch die südafrikanische Politik der «Rassentrennung» stark vorbelasteten Begriff Apartheid auf die Situation in Israel und die Gebiete der palästinensischen Autonomiebehörde sowie den Gaza-Streifen (siehe hierzu den Artikel «Apartheid»). Der Staat Israel wird einseitig dafür verantwortlich gemacht, dass es keinen palästinensischen Staat gibt, wie ihn der Teilungsplan der Vereinten Nationen von 1947 neben dem jüdischen Staat auf dem ehemals britischen Mandatsgebiet vorgesehen hatte. Ausgeblendet werden bei dieser einseitigen Schuldzuweisung die komplexe (sicherheits-)politische Situation und auch die Angebote unterschiedlicher israelischer Regierungen in der Vergangenheit, eine Lösung oder Annäherung zu finden (wie z. B. der sog. Oslo-Friedensprozess unter Vermittlung der USA in den 1990er Jahren). Weitere Kritik wird daran geübt, dass BDS nicht die Politik oder Regierung Israels fokussiert, sondern alle Staatsbürger:innen jüdischen Glaubens stellvertretend und kollektiv für diese Politik verantwortlich macht. Wie in anderen demokratischen Staaten unterstützen nicht alle jüdischen Israelis jeweils die Politik der aktuellen Regierung und es gibt auch im Staat Israel zahlreiche Initiativen, die sich für Frieden mit den PalästinenserInnen einsetzen. Letzteres wird von BDS ausgeblendet.

Im Jahr 2019 hat der Deutsche Bundestag eine Resolution zur Verurteilung von BDS verabschiedet, in der die Bewegung als antisemitisch bewertet wird. Der Antrag orientiert sich an der Arbeitsdefinition der Internationalen Allianz für Holocaust-Gedenken (IHRA) zum Antisemitismus. Dem BDS soll durch den Beschluss keine finanzielle Unterstützung durch den Staat mehr zuteilwerden und Bundesinstitutionen sollen der Bewegung keine Räume für Veranstaltungen zur Verfügung stellen. Eine ähnliche Politik gegenüber BDS verfolgen auch einige deutsche Kommunen auf Gemeindeebene und andere Staaten wie z. B. Grossbritannien. Auch in der Schweiz ist die BDS-Bewegung aktiv. Die offizielle Schweiz positioniert sich nicht zur Kampagne, hat aber beschlossen, dass antisemitischen, rassistischen und/oder hetzerischen Nichtregierungsorganisationen keine finanziellen Hilfen gewährt werden sollen.

 

Siehe auch die Begriffe Antizionismus und Antisemitismus.

© Laura C. S. Alt, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Zentrums für Jüdische Studien in Basel, 2024.

Weiterführender Literaturhinweis: Samuel Salzborn: Globaler Antisemitismus. Eine Spurensuche in den Abgründen der Moderne, Weinheim 2018.

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13.12.2023

«Nicht bei uns! Gegen Rassismus und Antisemitismus»

Die Kampagne startet mit Strassenplakaten ab dem 11. Dezember und dauert bis Ende Januar 2024. Dazu werden nebst klassischen Plakaten zusätzlich die grossen Anzeigetafeln in Bahnhöfen, kleine Displays im öffentlichen Verkehr und weiteren Orten bespielt.

In sozialen Medien, insbesondere Instagram, sowie in Printmedien wird die Kampagne ebenfalls zu sehen sein.

Hier geht es zu mehr Infos über die Kampagne und den Plakaten als Download.

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