Dolchstosslegende

Mit der sogenannten «Dolchstosslegende» versuchte die deutsche Armeeführung nach dem Ende des Ersten Weltkriegs die Ursachen für die militärische Niederlage Deutschlands zu verschleiern. Mit der Behauptung, ein «Dolchstoss in den Rücken der Front» hätte zur Niederlage geführt, wälzte die Oberste Heeresleitung das eigene Versagen auf eine:n vermeintliche:n interne:n Gegner:in um, vor allem die Jud:innen dienten dabei als Sündenböcke.

Mit der «Dolchstosslegende» wurden die Gründe für die Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg vertuscht. Die masslosen Kriegsziele, Fehler in der Kriegsführung, die physische und psychische Erschöpfung der Soldaten sowie die Überlegenheit der feindlichen Staaten wurden ausgeblendet. Stattdessen wurden die Jud:innen und Linksparteien dafür verantwortlich gemacht, eine Stimmung der Mutlosigkeit und Schwarzseherei in der Bevölkerung zu schüren, die den Siegeswillen massgeblich geschwächt haben sollten. Dabei waren es die ausbleibenden Erfolge in der Kriegsführung und vorherrschender Hunger, die die Bevölkerung und das Heer demoralisierten und den geforderten Siegeswillen gebrochen haben. Im Wissen um die Niederlage suchte die Oberste Heeresleitung nach Schuldigen, um die eigene Verantwortung von sich abwehren zu können. Einen Höhepunkt in der Suche und zugleich dem Kampf gegen die vermeintlichen Schuldigen an der deutschen Niederlage bildete der sogenannte «Dolchstossprozess». In einem Gerichtsurteil wollte der Herausgeber der nationalistischen «Süddeutschen Monatshefte», Paul Nikolaus Cossmann, feststellen lassen, dass die Linksparteien die Moral in der Bevölkerung systematisch untergraben haben, was schliesslich zur Niederlage geführt hätte. Der Prozess erregte viel Aufsehen und trug wesentlich zur Vergiftung des politischen Klimas in der Weimarer Republik bei. Neben dem Hass auf links ausgerichtete Parteien wurde zugleich auch Hass auf die Jud:innen geschürt, die angeblich an der Zersetzung des Siegeswillens des deutschen Volkes schuld waren.

In ihrer Propaganda griffen einige Jahre später auch die Nationalsozialist:innen die «Dolchstosslegende» wieder auf und verbreiteten die Vorstellung, das nach Weltmacht strebende Judentum habe als Verursacher der Revolution die Niederlage Deutschlands gewollt und herbeigeführt.

Trotz der wissenschaftlichen Widerlegung der «Dolchstosslegende» mit historischen Fakten, hält sich die Legende insbesondere in rechtsradikalen Kreisen nach wie vor sehr hartnäckig und wird in verschiedenen Zusammenhängen immer wieder hervorgebracht. Auch die anhaltende Corona-Pandemie wird besonders in rechtsextremen Kreisen dazu genutzt, um die «Dolchstosslegende» zu verbreiten. Die Corona-Pandemie wird dabei als weiterer vermeintlicher Nachweis dafür propagiert, dass das Judentum eine Weltmacht anstrebe.

© GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, 2021, unter Mitarbeit von Dr. phil. Darja Pisetzki, ehem. Projektmitarbeiterin der GRA.

Weiterführende Literaturhinweise:

Joachim Petzold, Die Dolchstoßlegende. Eine Geschichtsfälschung im Dienste des deutschen Imperialismus, Berlin (Ost) 1963.

Wolfram Selig: Dolchstosslegende, in: Wolfgang Benz (Hrsg.): Handbuch des Antisemitismus. Band 3: Begriffe, Ideologien, Theorien. De Gruyter Saur, Berlin 2008, S. 60f.

Glossar
Wir helfen

Vorfall melden

Wurden Sie Zeug:innen eines rassistischen oder antisemitischen Vorfalls oder wurden Sie selbst rassistisch oder antisemitisch beleidigt oder angegriffen?

13.12.2023

«Nicht bei uns! Gegen Rassismus und Antisemitismus»

Die Kampagne startet mit Strassenplakaten ab dem 11. Dezember und dauert bis Ende Januar 2024. Dazu werden nebst klassischen Plakaten zusätzlich die grossen Anzeigetafeln in Bahnhöfen, kleine Displays im öffentlichen Verkehr und weiteren Orten bespielt.

In sozialen Medien, insbesondere Instagram, sowie in Printmedien wird die Kampagne ebenfalls zu sehen sein.

Hier geht es zu mehr Infos über die Kampagne und den Plakaten als Download.

Mehr erfahren
«Nicht bei uns! Gegen Rassismus und Antisemitismus»
«Nicht bei uns! Gegen Rassismus und Antisemitismus»
«Nicht bei uns! Gegen Rassismus und Antisemitismus»
«Nicht bei uns! Gegen Rassismus und Antisemitismus»
«Nicht bei uns! Gegen Rassismus und Antisemitismus»