Mischling

Weitere Begriffe zum Thema Diskriminierung und Verfolgung von Minderheiten:

Mit dem Kolonialismus und den Rassentheorien des 19. Jahrhunderts wurden Nachkommen von Europäer:innen und Nichteuropäer:innen als «Mischlinge» bezeichnet. Im Nationalsozialismus galten Kinder mit einem jüdischen Elternteil als «Mischlinge», die als Jud:innen behandelt und vernichtet werden sollten.

Bestimmte Personen als «Mischlinge» anzusehen, ist stets mit einer sozialen Einstufung verbunden – in der Regel mit einer Herabstufung. Bereits im französischen Mittelalter kam der Begriff «Bastard» auf für das aussereheliche Kind eines Adeligen. Mit der Zeit wurde «Bastard» zu einem Synonym für «Mischling», zunächst in der Tierzucht, später dann auch auf Menschen bezogen.

Erst im 19. Jahrhundert entstanden die Voraussetzungen, um Menschen als «Mischlinge» zu werten: Der Kolonialismus brachte europäische Staatsangehörige in langfristige Herrschaftsbeziehungen mit aussereuropäischen Personen und Kulturen; gleichzeitig entwickelten sozialdarwinistische Rassentheorien die Vorstellung von der Ungleichheit der Völker – will heissen: von der Überlegenheit der weissen «Rasse». Die «Mischlinge» galten in diesen Theorien oft als minderwertig, weil sie angeblich die schlechten Eigenschaften beider Elternteile vereinigten. Das spiegelt sich z.B. in den Bezeichnungen «Halbblut» (Übernahme aus dem Englischen um 1850) oder «Mulatte» (aus dem Spanischen von mulo = Maulesel).

In der Rassentheorie der Nationalsozialist:innen war ein «Mischling» eine Person mit einem jüdischen und einem nicht-jüdischen («arischen») Elternteil. Die Nationalsozialist:innen unterschieden «Mischlinge» 1. Grades (ein Elternteil jüdisch) und 2. Grades (ein Grosselternteil jüdisch). Diese Einstufung konnte über Leben und Tod entscheiden.

So heisst es im Protokoll der Wannseekonferenz vom 20. Januar 1942, die die Organisation des Völkermords an den Jud:innen regelte:

«Mischlinge 1. Grades sind im Hinblick auf die Endlösung der Judenfrage den Juden gleichgestellt. (…) Der von der Evakuierung auszunehmende Mischling 1. Grades wird – um jede Nachkommenschaft zu verhindern und das Mischlingsproblem endgültig zu bereinigen – sterilisiert. (…)

Die Mischlinge 2. Grades werden grundsätzlich den Deutschblütigen zugeschlagen, mit Ausnahme folgender Fälle, in denen die Mischlinge 2. Grades den Juden gleichgestellt werden:
a) Herkunft des Mischlings 2. Grades aus einer Bastardehe (beide Teile Mischlinge).
b) Rassisch besonders ungünstiges Erscheinungsbild des Mischlings 2. Grades, das ihn schon äusserlich zu den Juden rechnet.
c) Besonders schlechte polizeiliche und politische Beurteilung des Mischlings 2. Grades, die erkennen lässt, dass er sich wie ein Jude fühlt und benimmt.
Auch in solchen Fällen sollen aber dann Ausnahmen nicht gemacht werden, wenn der Mischling deutschblütig verheiratet ist.»

Siehe auch die Stichworte Rasse und Rassismus.

© GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, 2015

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10.04.2024

Diskriminierungsbericht 2023

Der neuste Bericht der GRA und GMS zum Jahr 2023 ist da.

Aufgrund der Ausweitung der Diskriminierungsstrafnorm Art. 261bis des Strafgesetzbuches (StGB) in den letzten Jahrzehnten, auch im Hinblick auf Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung, wurde der Bericht umbenannt und heisst nunmehr „Diskriminierungsbericht“ anstelle von „Rassismusbericht“.

Die umfassende Analyse der jährlichen Diskriminierungsfälle in der Schweiz 2023 zeigt einen sprunghaften Anstieg der antisemitischen Vorfälle nach dem Angriff der Hamas und dem nachfolgenden Krieg in Gaza. Damit einher geht eine zunehmende Sichtbarkeit von allgemein diskriminierenden Taten und Hassreden. Die insgesamt 98 registrierten Vorfälle im Jahr 2023 stellen eine Zunahme um mehr als die Hälfte im Vergleich zum Vorjahr dar.

Was für Schlüsse daraus zu ziehen sind und welche Konzepte im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus helfen können sind im vollständigen Bericht inklusive Interview mit Hannan Salamat vom Zürcher Institut für interreligiösen Dialog (ZIID) und der dazugehörigen Medienmitteilung zu finden.

 

Diskriminierungsbericht 2023

Medienmitteilung Diskriminierungsbericht 2023

 

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