Rassismusbericht 2019

Analyse und Erläuterung zu Diskriminierungsfällen

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Vorwort

Der neue Rassismusbericht der GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus und der GMS Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz thematisiert anlässlich des Internationalen Tages gegen Rassismus rassistische Vorfälle des Jahres 2019. Zudem beleuchten Experten in ihren Schwerpunktberichten die Themen Zivilcourage und die automatisierte Diskriminierungserkennung in Texten.

1. Rassismus in der Schweiz 2019

2019 sind diverse Berichte zu Rassismus und Fremdenfeindlichkeit von Fachstellen im In- und Ausland publiziert worden. Solche Berichte sind wichtig, um Rassismus und Diskriminierung im Alltag als solche zu erkennen und zu benennen. Nur so bleibt die Zivilgesellschaft im Dialog über das Thema, wird die Sensibilität auch in der Mehrheitsgesellschaft erhöht und die Zivilcourage gefördert.

Zivilcourage, der Mut des Einzelnen, ist essenziell, wenn es darum geht, demokratische Werte in einer Gesellschaft zu erhalten und gegen Extremismus anzukämpfen. Wie das Beispiel der «Sardinen»-Bewegung aus Italien zeigt, reicht oftmals der Mut eines einzigen Menschen aus, um gegen extremistische und rassistische Tendenzen aufzubegehren. Ein junger Mann hat in Italien via Soziale Medien Zehntausende mobilisiert, um gegen den grassierenden Populismus im eigenen Land zu protestieren. Dieser herausragende Mut eines Einzelnen ist richtig und wichtig, ersetzt jedoch nicht couragiertes Handeln im Alltag und im Kleinen wie am Arbeitsplatz, in der Schule, im öffentlichen Raum oder in der Nachbarschaft: Mutig hinstehen und Stellung beziehen, wenn Menschen rassistisch oder antisemitisch beleidigt, bedroht oder angegriffen werden. Die Psychologische Fakultät der Universität Zürich, die innerhalb der Motivationspsychologie zu Mechanismen von Zivilcourage forscht, schreibt dazu: «Unter Zivilcourage verstehen wir ein mutiges Handeln, mit dem jemand seinen Unmut über etwas ohne Rücksicht auf mögliche Nachteile für sich selbst zum Ausdruck bringt. Zivilcourage bedeutet nicht wegzuschauen, sondern sich einzumischen. Zivilcourage bedeutet zudem persönlichen Mut, weil sie auch mit gewissen Risiken für die couragierte Person verbunden ist.»

Dr. Markus Notter, Alt-Regierungsrat des Kantons Zürich und ehemaliger Präsident der GMS Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz, macht sich in seinem Beitrag ebenfalls Gedanken zum Thema. Für ihn heisst Zivilcourage, dass man sich für fremde Interessen einsetzt und dass man das öffentlich tut. Es gehe um sozialen Mut; man nehme Risiken in Kauf für fremde Interessen und setze sich dabei der Öffentlichkeit aus.

Zivilcourage bedeutet auch nach Lösungen im Kampf gegen Online-Hass zu suchen. In ihrem Experten- Bericht für die GRA schreibt Dr. Mascha Kurpicz-Briki, Professorin für Data Engineering an der Berner Fachhochschule, über die technischen Möglichkeiten zur automatisierten Diskriminierungserkennung in Texten.

Auch die GRA-Fischhofpreisträgerin (2018) Iluska Grass hat vor ein paar Jahren bewiesen, wie wichtig der Mut des Einzelnen für eine funktionierende Gesellschaft ist. Sie hat sich bei einem Zwischenfall in Zürich mutig zwischen eine Horde Rechtsradikaler und einen orthodoxen Juden gestellt und damit verhindert, dass der Mann verprügelt wurde. Nach der GRA-Auszeichnung wurde Iluska Grass Ende 2019 auch mit dem Prix Courage der Zeitschrift «Beobachter» ausgezeichnet. In einem Kurzinterview blickt sie nochmals auf die Ereignisse von damals zurück und welche Auswirkungen ihr mutiges Handeln bis heute auf ihr Leben hat.

Digitale Zivilcourage

In der Schweiz sind trotz einer vordergründigen Ruhe Rassismus und Antisemitismus stets ein Thema. Es ist ein globales Phänomen und dank Internet werden abstruse Verschwörungstheorien auch in Schweizer Stuben gelesen und hierzulande verbreitet. Weltweit nehmen Hassrede («Hate Speech») im Internet weiter zu – also die Verunglimpfung und Herabsetzung von Minderheiten. Die Folgen sind einschneidend: Hass gegenüber (religiösen) Minderheiten nimmt zu und somit auch die Akzeptanz dieser problematischen Tendenz – die Grenze dessen, was man «doch noch sagen darf», wird stetig nach unten verschoben, gewisse fremdenfeindliche und antisemitische Aussagen werden auf einmal als «richtig» empfunden. Da die Digitalisierung mittlerweile (fast) alle Lebensbereiche umfasst, gibt es fast keine Trennung mehr zwischen realer und virtueller Welt. Die Vorstufe zu Gewalt ist offensichtlich erreicht, wie diverse Anschläge weltweit im vergangenen Jahr zeigten: Einzeltäter aus dem rechten Rand der Gesellschaft könnten somit auch hierzulande zuschlagen, wie es 2019 im neuseeländischen Christchurch, im amerikanischen El Paso oder im deutschen Halle der Fall war.

Wie der britische Schauspieler Sacha Baron Cohen in einer Rede vor der Anti-Defamation League (ADL) im vergangenen November in New York sagte, würden Studien zeigen, dass Fake News sich schneller verbreiten als die Wahrheit ‒ Verschwörungstheorien werden auf Youtube millionenfach abgerufen. Es ist daher kein Wunder, dass das Internet ‒ die «grösste Propagandamaschine aller Zeiten», wie Baron Cohen sie nennt ‒ die älteste Verschwörungstheorie aller Zeiten verbreitet, nämlich dass Juden gefährlich seien. Baron Cohen betonte in seiner Rede weiter, dass «gefährliche Plattformen wie Breitbart im Internet einen ähnlich seriösen Eindruck machen wie die BBC, und irgendwelche abstruse Theorien gleich seriös erscheinen wie die Errungenschaften eines Nobelpreisträgers. Wenn Verschwörungstheorien dank Social Media für bestimmte Leute plötzlich Hand und Fuss bekommen, ist es für Hassgruppen einfacher, neue Mitglieder zu rekrutieren.» Baron Cohen rief die grossen Tech- Giganten wie Facebook oder Youtube zu mehr Verantwortung bezüglich Hate Speech auf und forderte ein Umdenken im Umgang mit Social Media.

Die Userinnen und User sind gefordert: Hate Speech soll als solcher erkannt und bei den jeweiligen Social Media gemeldet werden. Erst wenn die vielen «stillen Mitleserinnen und Mitleser» aufwachen und auf Hass im Netz aktiv reagieren, also digitale Courage herrscht, kann Hate Speech erfolgreich entgegnet werden. Die Gruppe der Verteidiger demokratischer Werte muss grösser und stärker werden als die Gruppe der Hasser.

Chronologie 2019

Einleitung

Die Chronologie der rassistischen Vorfälle, welche die GRA zusammen mit der Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz (GMS) auf www.gra.ch/chronologie fortlaufend führt, registrierte 2019 insgesamt 41 Vorfälle, die schweizweit von den Medien publiziert wurden. In den letzten 5 Jahren bewegte sich die Anzahl publizierter Vorfälle stets etwa in diesem Bereich. Dennoch ist die Dunkelziffer hoch geblieben. Die Hemmschwelle, einen rassistischen oder fremdenfeindlichen Vorfall einer Beratungsstelle, NGO oder der Polizei zu melden, bleibt bestehen.

Die Vorfälle beinhalteten dabei einige Fälle von Fremdenfeindlichkeit und verbalem Rassismus im öffentlichen Raum, wobei vor allem Rassismus in öffentlichen Verkehrsmitteln oder auf der Strasse publik wurden. Dabei wurden vor allem dunkelhäutige Menschen sowie Musliminnen und Muslime beschimpft oder bedroht.

Rassistische Ausfälle an Fussball-Spielen waren 2019 ebenfalls ein Thema, wobei Rassismus in Fussballstadien wellenartig immer mal wieder auftritt, je nach allgemeiner Stimmungslage.

Zudem gab es vereinzelt auch Vorfälle am Arbeitsplatz (diskriminierende Stelleninserate) oder bei Einlass in einen Nachtclub, auf Social-Media-Profilen von privaten oder öffentlichen Personen, aber auch diverse Zusammenkünfte von Rechtsradikalen, welche durch die allgemeine Stimmung in Europa und weltweit Auftrieb erhalten haben und vermehrt öffentlich aufgetreten sind (vgl. Abschnitt Rechtsextremismus). Letztes Jahr sind auch wieder vermehrt Fälle von Holocaust-Leugnungen bekannt geworden, wohl bestärkt durch die diversen (antisemitischen) Verschwörungstheorien, die im Netz kursieren. Auch Schmierereien mit Hakenkreuzen kamen vor.

Verbale Ausfälle von Schweizer Politikerinnen und Politikern am rechten Rand waren 2019 ebenfalls erneut ein Thema, sei es auf den Sozialen Medien oder in Chats. Aber auch Angehörige der Polizei oder der Armee leisteten sich verbale Fehltritte. Insbesondere machte im letzten Jahr die SVP im Kanton Schwyz von sich reden, wo bereits mehrmals Mitglieder mit rechtsextremem Hintergrund auffielen. U.a. ist der Vizepräsident einer Schwyzer SVP-Ortspartei von seinem Amt zurück- und aus der Partei ausgetreten, nachdem eine Untersuchung gegen ihn publik wurde. Er hatte am Rande einer Anti- Rassismus-Demonstration einen Kundgebungsteilnehmer mit Pfefferspray angegriffen. Weiter schrieb der Vizepräsident der SVP Wägital im Kanton Schwyz in einem Facebook-Post: «Das einzige, was wieder nach Deutschland gehört, ist ein neuer Onkel Dolf». Auch er musste daraufhin zurücktreten.

Wie der Rechtsextremismus-Experte Hans Stutz gegenüber den Medien sagte, hat die SVP ein Dilemma. «Die SVP duldet rechts von sich keine andere politische Partei. Damit ist sie offen für Leute vom rechten Rand.» Die SVP wisse aber auch, dass extreme Haltungen nicht tragbar seien. «So fällt die Partei immer erst Entscheide, wenn Druck aus der Öffentlichkeit da ist.»

Dieser Druck entsteht allerdings nur, weil die Medien genau hinschauen und solche Fälle schlussendlich auch publik machen. Nur so kann auf verbale Fehltritte oder Missstände im Bereich des Diskriminierungsschutzes adäquat und schnell reagiert werden. Die Wichtigkeit einer gut funktionierenden und freien Presse kann dabei nicht genügend betont werden.

Einzelne Kategorien

Rechtsextremismus

Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) schreibt in seinem jährlichen Lagebericht «Sicherheit Schweiz 2019», im Jahr 2018 seien dem NDB 53 Ereignisse im Bereich des Rechtsextremismus bekannt geworden. «Für den Rechtsextremismus bedeutet dies mehr als eine Verdreifachung. Rechtsextrem motivierte Gewalttaten wurden keine bekannt.» Und weiter: «Der NDB hat 2018 eine deutlich erhöhte Anzahl von Ereignissen im Bereich Rechtsextremismus festgestellt. Die Schweizer rechtsextreme Szene ist im Aufbruch. Ob sie sich dabei auch in Richtung konkrete Gewaltanwendung bewegt, bleibt vorderhand unklar; zumindest war 2018 keine Gewalttat zu verzeichnen.»

Solch explodierende Zahlen sind damit zu erklären, dass sich an den Rändern der etablierten rechtsradikalen Szene immer mehr radikalisierte, aber nicht wirklich organisierte Kleingruppen und Einzelpersonen tummeln, bislang Unbekannte, vorwiegend Männer um die 30, radikalisiert über soziale Medien, die sonst nicht in den klassischen Gruppierungen verkehren. Diese haben auch ein relativ grosses Gewaltpotential. Auch der deutsche Verfassungsschutz in Berlin hat im letzten Jahr vor dieser neuen Art des Rechtsextremismus gewarnt. Zudem, so sagen Experten, würden etablierte Gruppierungen wie die Pnos (Partei National Orientierter Schweizer) oder «Blood and Honour» vermehrt öffentlich auftreten, beflügelt von der politisch aufgeheizten Stimmung in Europa. Die Szene sei allgemein im Aufwind, und bereits bestehende Gruppierungen seien zwar nicht gewachsen, sondern einfach aktiver als früher und dies eben auch mit Auftritten in der Öffentlichkeit, was die explodierende Zahl von rechtsradikalen Ereignissen erklären lässt. Der traurige Übergriff auf eine Synagoge im ostdeutschen Halle im Oktober 2019 zeigt, dass diese Prognose von Schweizer Experten stimmt und dass auch hierzulande stets mit einem ähnlichen Vorfall zu rechnen ist. Polizei, der Nachrichtendienst sowie Politikerinnen und Politiker sind gefordert, hinzuschauen und die Gefahrenlage ernst zu nehmen.

Rassismus an Schulen

Gemäss dem Jahresbericht «Rassistische Diskriminierung in der Schweiz» der eidgenössischen Fachstelle für Rassismusbekämpfung (FRB) sind die am häufigsten von rassistischer Diskriminierung betroffenen Gebiete noch immer der Arbeitsplatz und die Schule. Auch die GRA hat dies erkannt und 2019 einen Informations-Flyer für Schulen entworfen, wie sie mit Rassismus und Antisemitismus umgehen sollen (www.gra.ch/flyer-rassismus-und-antisemitismus-an-schulen). Die Nachfrage nach dem Flyer ist hoch. Problematisch sind immer öfter Klassenchats, in denen Rassismus und Antisemitismus weiterverbreitet werden. Die Schülerinnen und Schüler sind sich dabei selten bewusst, dass gewisse Aussagen, die in der Öffentlichkeit gemacht werden (auch ein Whatsapp-Chat kann als öffentlich gelten) strafbar sind. Schulen und Bildungseinrichtungen müssen sich dabei ihrer grossen Verantwortung bewusst sein, aufklären, reden, hinschauen und sofort handeln, wenn Grenzen überschritten werden.

Wie auch der Jahresbericht «Rassismusvorfälle in der Beratungspraxis» des eidgenössischen Beratungsnetzes für Rassismusopfer (von EKR und Humanrights herausgegeben) beschreibt, finden «ein bedeutender Teil der gemeldeten Fälle rassistischer Diskriminierung am Arbeitsplatz und im Bildungsbereich statt.» Und weiter: «Die am häufigsten geschilderten Formen von rassistischer Diskriminierung waren Beschimpfungen und Benachteiligungen. Das häufigste Tatmotiv war das generelle Motiv der Ausländerfeindlichkeit / Fremdenfeindlichkeit, gefolgt vom Rassismus gegen Schwarze. Auch die Muslimfeindlichkeit und die Feindlichkeit gegen Menschen aus dem arabischen Raum bleiben auf hohem Niveau.» Aber auch antisemitische Beschimpfungen sind auf Schweizer Schulhöfen und in Klassenchats wieder vermehrt ein Thema.

Dass vor allem Bildungsinstitutionen in der Pflicht sind, Zivilcourage zu zeigen und rassistisches oder antisemitisches Mobbing nicht als Lausbubenstreiche abzutun, ist allen, die sich mit Rassismusprävention befassen, ein Anliegen. Prävention beginnt schon bei den Kleinsten. Die Schwesternstiftung der GRA, die Stiftung Erziehung zur Toleranz (SET), hat deshalb eine sogenannte Vielfalt-Box entwickelt, die in diesem Jahr an Vorschulen und Kitas verteilt werden soll. Dabei wird bei den Kleinsten und vor allem den Betreuungsfachpersonen der Umgang mit Diversität thematisiert. Weiter bietet die GRA diverse Bildungsprojekte an, die die Vermittlung von Grundwerten wie Respekt und Toleranz fördern (mehr unter www.gra.ch/bildung/bildung-und-erziehung).

Antisemitismus

Wie der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) in seinem zusammen mit der GRA bereits am 25. Februar 2020 publizierten Antisemitismusbericht schreibt, «blieb im Berichtsjahr 2019 die Schweiz von schweren physischen Angriffen auf Jüdinnen und Juden – zum Glück – verschont. Dies im Gegensatz zu anderen Ländern in Europa, wobei der traurige Höhepunkt sicherlich der Anschlag im deutschen Halle war. Dieser zeigte erneut mit grosser Deutlichkeit, dass Polizei und Nachrichtendienste die rechtsextreme Gefahr streng beobachten und mit aller Deutlichkeit bekämpfen müssen. In der Schweiz kam es im Jahr 2019 zu zahlreichen Beschimpfungen und Schmierereien mit antisemitischem Hintergrund. (…) Die Plattformen mit der höchsten Zahl antisemitischer Vorfälle bleiben weiterhin das Internet und spezifisch soziale Medien wie Facebook und Twitter. Weit verbreitet ist noch immer der klassische stereotypenbezogene Antisemitismus. Der israelbezogene Antisemitismus und abstruseste antisemitische Verschwörungstheorien sind aber auf dem Vormarsch. Beide bestätigen die Theorie des ‹Judenhasses als Chamäleon›: Antisemitismus und seine fortwährende Anpassung an aktuelle Bedingungen und Diskurse in Gesellschaft und Politik.»

Erstmals wurde im diesjährigen Antisemitismusbericht auch eine nationale Synthese der Antisemitismusberichte aus der deutschen und der welschen Schweiz publiziert. Der gesamte Antisemitismusbericht 2019 findet sich unter www.antisemitismus.ch.

Fazit

Wenn es um Projekte für die Chancengleichheit von Minderheiten geht, ist der Diskriminierungsschutz in der Schweiz noch immer zu wenig ein Thema. Noch immer sind Diskriminierung und Rassismus aber ein gesamtgesellschaftliches Problem und müssen auch dementsprechend angegangen werden. Wenn Menschen mit anderer Hautfarbe, anderer Herkunft oder anderer Religion bei der Job- oder Wohnungssuche regelmässig diskriminiert werden, so sind die Gründe dafür in den gesellschaftlichen Strukturen zu suchen, welche die Angehörigen der «eigenen Gruppe» gegenüber den «Nicht- Dazugehörigen» bevorzugen. Aber auch die Anerkennung der Mehrheitsgesellschaft, dass Rassismus und Antisemitismus in unserer Gesellschaft immer noch existieren und es sich nicht bloss um «Befindlichkeiten» der betroffenen Minderheiten handelt, ist von Bedeutung.

Im aktuellsten Sorgenbarometer der Credit Suisse hat die Sorge um AusländerInnen zwar im Vergleich zu den Vorjahren abgenommen, rangiert aber mit 30 Prozent der Befragten noch immer auf Platz drei der grössten Sorgen der Schweizerinnen und Schweizer (www.credit-suisse.com/about-us- news/de/articles/media-releases/2019-credit-suisse-worry-barometer–retirement-provision- remains-201912.html).

Die Schweiz hat bereits 2014 die kantonalen Integrationsprogramme initiiert, die helfen sollen, das strukturelle Problem anzugehen. Seither ist der Diskriminierungsschutz zwar ein integraler Bestandteil der Integrationspolitik geworden, aber noch immer fehlen stellenweise langfristige Strategien zur Umsetzung des Diskriminierungsschutzes, wie auch die FRB in ihrem jüngsten Bericht schreibt.

Die frühzeitige Prävention und Aufklärung an Bildungsinstitutionen, aber auch Zivilcourage sowie klare politische Statements bleiben unabdingbar bei der wirksamen Bekämpfung von Rassismus und Antisemitismus. Denn es gilt: Jeder Angriff auf eine Minderheit stellt auch einen Angriff auf die demokratischen Werte unserer Gesellschaft dar.

Die GRA wird mittels ihrer Chronologie auch in Zukunft ihre zentrale Aufgabe als Watchdog wahrnehmen und rassistische, fremdenfeindliche und diskriminierende Vorfälle in der Schweiz systematisch nach erprobten Kriterien und Kategorien auflisten; so werden aktuelle diskriminierende Vorfälle in der Schweiz sichtbar gemacht und für die nachfolgenden Generationen festgehalten und archiviert.

2. Zivilcourage: Mehr als nur Mut

von Markus Notter

Ein Wahlplakat wurde in Fontenais im Kanton Jura mit rechtsextremen Symbolen verschmiert, wie die Kommunalbehörden mitteilten. Es wurden u.a. Hakenkreuze auf die Plakate geschmiert sowie die Worte «Immigration stop». Die Behörden haben Strafanzeige gegen Unbekannt eingereicht. Zuvor waren in der selben Gemeinde bereits Asylsuchende und ihre Begleiter beleidigt und bedroht worden.

2018 zeichneten die GRA und die GMS Iluska Grass mit dem Fischhofpreis aus. Iluska Grass, eine junge Grafikerin, war Zeugin eines Zwischenfalls in Zürich-Wiedikon geworden, wo ein orthodoxer Jude von einer Gruppe rechtsradikaler Männer angegriffen wurde. Als sie das Opfer um Hilfe schreien hörte, rannte sie ohne zu zögern zum Tatort und stellte sich zwischen Täter und Opfer. Mit ihrem couragierten Handeln konnte sie das Opfer vor seinen Angreifern schützen und damit eine weitere Eskalation verhindern. Die Verantwortlichen von GRA und GMS haben sich mit Iluska Graf vor der Preisverleihung getroffen. Und ich erinnere mich gut, was sie mir auf die Frage, woher sie denn den Mut genommen habe, antwortete: «Das war doch selbstverständlich. Ich musste gar nicht lange überlegen.» Mir schien das gar nicht selbstverständlich. Und ich habe mich gefragt, ob ich selber in dieser Situation den Mut gehabt hätte, so beherzt einzugreifen. Hand aufs Herz. Ich bin mir nicht sicher.

Zivilcourage setzt ja Mut voraus. Das heisst, die Bereitschaft, ein Risiko für sich einzugehen. Zivilcourage ist aber mehr als Mut. Mutig ist man auch, wenn man im Hallenbad vom Fünfmeter Brett ins Wasser springt. Oder wenn man einen Gleitschirmflug wagt. Man kann auch Risiken eingehen bei der Vermögensanlage oder im Spiel. Das alles kann mutig sein, manchmal auch übermütig. Es zeigt sich aber dabei keine Zivilcourage.

Zivilcourage heisst, dass man sich für fremde Interessen einsetzt. Und dass man das öffentlich tut. Man spricht deshalb auch von sozialem Mut. Man nimmt Risiken in Kauf für fremde Interessen und setzt sich dabei der Öffentlichkeit aus. Wieso macht man das? Für Iluska Graf war es selbstverständlich. Ich glaube, es hat etwas mit unserer Vorstellung von Gerechtigkeit und Anstand zu tun. Wer sich daran stört, dass andere Menschen herablassend, beleidigend oder ausgrenzend behandelt werden, will sich dagegen wehren. In diesen Augen ist es unanständig, sich so zu verhalten. Gerechtigkeit und Anstand sind aber nicht einfach selbstverständlich. Sie setzen eine Wertehaltung voraus. Man kann sich auch dagegen entscheiden. Werte müssen vermittelt werden. Es hängt auch davon ab, ob sie in der Gesellschaft Gewicht haben.

Zivilcourage hat deshalb eine doppelte Seite. Sie setzt ‒ wie gesagt ‒ individuellen Mut voraus. Weil sie sich aber immer öffentlich manifestiert, also sozialer Mut ist, braucht sie auch eine gesellschaftliche Grundlage. Gerechtigkeit und Anstand müssen in der Gesellschaft Gewicht haben, dann kann ich mich auch zivilcouragiert verhalten. Man ist auch leichter bereit, ein Risiko einzugehen, wenn man vermuten darf, Gleichgesinnte dafür zu finden.

Ob das der Fall ist, findet man aber nur heraus, wenn man Zivilcourage zeigt. Das heisst, Zivilcourage hat auch eine doppelte Wirkung. Einem bedrängten Menschen wird geholfen. Und gleichzeitig werden die Werte, die hinter dieser Hilfe stehen, öffentlich bekräftigt und so vermittelt.

Wenn wir Zivilcourage zeigen, verändern wir auch die Gesellschaft. Wir stärken die Werte der Gerechtigkeit und des Anstands. Und damit helfen wir auch, dass man leichter sozialen Mut zeigen kann, weil die gesellschaftliche Grundlage dafür vorhanden ist. Man könnte das als «Aufwärts-Spirale» bezeichnen.

Noch einmal: Hand aufs Herz. Alle diese Überlegungen sind sicher richtig. Aber wenn da plötzlich ein orthodoxer Jude um Hilfe schreit, weil er von einer Gruppe Rechtsradikaler angegriffen wird, wenn in einer lustigen Party-Runde sexistische Witze gerissen werden, wenn ein gemütlicher Sportkumpel rassistische Sprüche macht oder wenn einem der Chef den richtigen Umgang mit Moslems erklärt, dann helfen diese Überlegungen nicht viel weiter. Dann sollte man sich an Iluska Grass erinnern. «Das war doch selbstverständlich. Ich musste gar nicht lange überlegen.»

*Dr. Markus Notter war Stadtpräsident von Dietikon und Regierungsrat des Kantons Zürich. Er ist u.a. Präsident des Europa-Instituts an der Universität Zürich und des Opernhauses Zürich. Er ist Lehrbeauftragter an der Universität Zürich und wird als Gutachter und Experte in Fragen des Rechts und der Sicherheit beigezogen. Er präsidierte die vom Bundesrat eingesetzte Unabhängige Expertenkommission zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der administrativen Versorgungen in der Schweiz.

3. Technische Möglichkeiten zur automatisierten Diskriminierungserkennung in Texten

von Mascha Kurpicz-Briki

Einführung

Texte werden von Menschen geschrieben und können daher einen gewissen Stil oder eine Haltung repräsentieren. Doch was, wenn diese Haltung dazu führt, dass gewisse Menschen anders dargestellt werden als andere? Es ist beispielsweise bekannt, dass es in Wikipedia-Artikeln Unterschiede gibt, wie Frauen oder Männer beschrieben werden [1] [2]. Wie sieht es mit anderen Texten aus? Liesse sich auch eine Diskriminierung aufgrund der Herkunft oder der religiösen Zugehörigkeit feststellen? In unserer Forschung untersuchen wir die Anwendung automatisierter Methoden, gestützt auf maschinellem Lernen, für eine Diskriminierungserkennung in Texten basierend auf der Herkunft oder der religiösen Zugehörigkeit. Solche Software soll in Zukunft erlauben, die Diskriminierungserkennung mit Hilfe der Digitalisierung effizienter zu machen.

Technische Herausforderungen

Automatisierte Textverarbeitung ist ein komplexes Gebiet, da bestimmte Ausdrücke, welche uns als Mensch naheliegend erscheinen, für die Logik des Computers nicht immer nachvollziehbar sind. Die Verwendung eindeutiger diskriminierender Begriffe lässt sich relativ gut automatisieren, jedoch sind indirekte Diskriminierungen schwerer zu detektieren. Es ist für ein Computerprogramm schwierig nachzuvollziehen, wann beispielsweise der Bezug auf eine Nationalität gerechtfertigt ist und wann dieser diskriminierend ist. Während ein Satz wie «Als Nationalität musste er zunächst zur entsprechenden Botschaft» als objektiver Satz erkannt werden soll, ist hingegen «Als Nationalität ist er immer aggressiv» als problematisch einzustufen. Diese Finessen der Sprache sollen den Computerprogrammen beigebracht werden.

Eine der Herausforderungen liegt darin, aus einem Text automatisiert den Kontext ausfindig zu machen. Das bedeutet, herauszufinden, wer im Text spricht, über was oder wen gesprochen wird, wie die Haltung ist, und an was sich diese Haltung ablesen lässt.

Eine wichtige Hilfestellung für die Haltung erfolgt durch ein Gebiet, welches Sentiment Analysis genannt wird. Bei der Sentiment Analysis wird ein Text klassifiziert, ob dieser eine positive oder eine negative Aussage macht. Oftmals werden diese Technologien von Firmen verwendet, um festzustellen, ob ihre Produkte im Internet als positiv oder negativ beschrieben werden. Solche Methoden können auch angewendet werden, um zu analysieren, ob eine Person mit einer positiven oder negativen Haltung beschrieben wird. Die Technologien der Sentiment Analysis sind ein relativ junges Forschungsgebiet und es gibt noch viele Herausforderungen, unter anderem die Verbesserung der Technologien für lokale Sprachen wie Deutsch und Französisch. Grosse Teile der Forschung konzentrieren sich auf die englische Sprache. Werden solche Technologien mit Hilfe des maschinellen Lernens umgesetzt, werden sogenannte Trainingsdaten benötigt. Es handelt sich dabei um Texte, welche bereits klassifiziert sind und von den Technologien verwendet werden, um maschinell zu lernen und dadurch die Präzision der Technologien zu verbessern. Das Computerprogramm lernt mit Hilfe dieser Daten, wie Diskriminierung aussehen kann.

Eine weitere Herausforderung liegt darin, zu erfassen, wer das Subjekt im Text ist; das heisst, über wen im Text gesprochen wird. Nehmen wir als Beispiel Biografien in Wikipedia. Es wurde in vorherigen Analysen gezeigt, dass Frauen mit anderen Attributen beschrieben werden als Männer [1] [2]. Insbesondere wurde in diesen Auswertungen festgestellt, dass Frauen oft aufgrund ihrer romantischen Beziehungen oder familiären Situation beschrieben wurden, während bei Männern andere Themen im Vordergrund standen. Daneben wurde gezeigt, dass aufgrund der Formulierungen die Biografien der Männer positiver ausfielen als diejenigen der Frauen. Wir können basierend auf diesen oder ähnlichen Methoden Computerprogramme entwickeln, um automatisiert festzustellen, ob ein Artikel über Person A mit Migrationshintergrund anders formuliert ist als ein Artikel über Person B ohne Migrationshintergrund. Im Falle von Biografien ist es klar ersichtlich, wer in den Texten beschrieben wird. Schwieriger wird es, wenn in einem Text zunächst die beschriebene Person ermittelt werden muss und darauf basierend dann die Haltung des Textes bezüglich dieser Person. Eine Möglichkeit, dies zu tun, ist basierend auf dem Namen. Mit Hilfe von maschinellem Lernen kann ein System trainiert werden, welches es erlaubt, basierend auf dem Namen eine Schätzung über die Herkunft des Namens zu machen [3]. Basierend auf einer langen Liste an Namen lernt die Technologie, welche Namen für welche Regionen typisch sind und kann neue Namen dann klassifizieren und erkennen, wenn bestimmte Gruppen diskriminiert werden.

Neben Namen kann auch ausfindig gemacht werden, ob bestimmte Schlüsselwörter für eine religiöse oder ethnische Zugehörigkeit positiv oder negativ behaftet sind im Text. Durch eine automatische Erkennung solcher Diskriminierungen werden wir in Zukunft in der Lage sein, grosse Datenmengen in kurzer Zeit zu analysieren und effizienter gegen Diskriminierung vorzugehen.

Möglichkeiten

Die Entwicklung solcher Technologien zur automatischen Erkennung von Diskriminierung ist ein wichtiger Schritt in die Richtung der Digitalisierung von gesellschaftlichen und sozialen Problematiken. Momentan werden Diskriminierungsfälle oft erst entdeckt, weil diese von einer Person gemeldet wurden. Mit automatisierten Technologien wird es in Zukunft möglich sein, aktiv und effizient nach Diskriminierungen zu suchen und das digitale Zeitalter zu nutzen, um nach mehr Fairness und Diversität in unserer Gesellschaft zu streben.

Erst wenn die Diskriminierung automatisiert messbar gemacht werden kann, können konkrete Massnahmen dagegen umgesetzt werden. Im Falle von Wikipedia finden nun regelmässig sogenannte Edit-a-thons zum Thema «Frauen für Wikipedia» [4] statt, um Frauen auf Wikipedia besser zu repräsentieren. Können wir in Zukunft automatisiert erkennen, ob und wo Diskriminierungen gegen Herkunft oder religiöse Zugehörigkeit vermehrt auftreten, können auch dort entsprechende Massnahmen ergriffen werden.

Mit der Entwicklung der dafür benötigten Technologien und Tools beschäftigen wir uns in unserer Forschung. Mit automatisierter Toolunterstützung kann eine grosse Anzahl von Texten effizient von einem Computerprogramm verarbeitet werden und kritische Passagen können hervorgehoben werden. Dank so einem Toolsupport soll es in Zukunft möglich sein, der Diskriminierung in der Schweiz noch effizienter entgegenzuwirken.

Stossen diese Computerprogramme einmal an ihre Grenzen, können sie auch durch die Community unterstützt werden: Im Projekt Stop Hate Speech [5] beispielsweise werden Anfeindungen und Diskriminierungen diverser Form in den sozialen Medien mit Hilfe eines Computerprogramms aufgespürt, welches sich basierend auf Rückmeldungen von Freiwilligen stetig verbessert.

Fazit

Die Digitalisierung bietet die Möglichkeit, effiziente Tools für die Bekämpfung der Diskriminierung zu entwickeln. Dank des schnelleren und automatisierten Erkennens von Diskriminierungen bleibt mehr Zeit, sich auf die Massnahmen und Sensibilisierung zu konzentrieren. Im digitalen Zeitalter kämpfen Menschen und Computerprogramme Seite an Seite gegen die Diskriminierung und zwar effizienter, als es zuvor möglich war.

*Dr. Mascha Kurpicz-Briki ist Professorin für Data Engineering an der Berner Fachhochschule und entwickelt in ihrer Forschung Technologien, um die Digitalisierung für soziale und gesellschaftliche Problematiken zu nutzen.

mascha.kurpicz@bfh.ch
Twitter: @SocietyData

Literaturverzeichnis

[1]C. Wagner, E. Graells-Garrido, D. Garcia und F. Menczer, „Women through the glass ceiling: gender asymmetries in Wikipedia,“ EPJ Data Science, Bd. 5, Nr. 1, 2016.

[2]M. Jadidi, M. Strohmaier, C. Wagner und D. Garcia, „It’s a man’s Wikipedia? Assessing gender inequality in an online encyclopedia,“ in Ninth international AAAI conference on web and social media, 2015.

[3]A. Ambekar, C. Ward, M. Jahangir, S. Male und S. Skiena, „Name-Ethnicity Classification from Open Sources,“ in Proceedings of the 15th ACM SIGKDD international conference on Knowledge Discovery and Data Mining, ACM, 2009, pp. 49–58.

[4]SRF/Ringier/Wikimedia, [Online]. Available: https://www.eveni.to/editathon.

[5]Alliance f, [Online]. Available: http://www.stophatespeech.ch/.

4. Interview mit Iluska Grass: Mit wenig viel bewirken

Die von der GRA und GMS 2018 mit der Verleihung des Fischhof-Preises ausgezeichnete Zürcherin Iluska Grass beantwortet Fragen zum Thema Zivilcourage. Der Fischhof-Preis wurde ihr im November 2018 als Würdigung ihres vorbildlichen und selbstlosen Verhaltens in einer gefährlichen Situation verliehen. Sie wurde am Abend des 4. Juli 2015 Zeugin eines Zwischenfalls in Zürich-Wiedikon, wo ein orthodoxer Jude von einer Gruppe rechtsradikaler Männer angegriffen wurde. Als Iluska Grass das Opfer um Hilfe schreien hörte, rannte sie ohne zu zögern zum Tatort und stellte sich zwischen Täter und Opfer. Mit ihrem couragierten Handeln konnte sie das Opfer vor seinen Angreifern schützen und damit eine weitere Eskalation verhindern. Später wurde sie auch mit dem Prix Courage 2019 ausgezeichnet.

GRA: Iluska, was nimmst Du von dem Vorfall am Manesseplatz persönlich mit? Gibt es etwas, das Dich noch heute beschäftigt?

Iluska Grass: Der Vorfall, oder noch eher was danach geschah, begleitet mich eigentlich fast täglich. Da der Vorfall doch schon eine Zeit her ist und ich mich emotional von der Tat distanzieren musste, stehen für mich nicht der Nachmittag des Geschehens im Zentrum. Ich habe da einfach getan, was ich für richtig hielt und immer noch halte. Die Dankbarkeit des Opfers begleitet mich allerdings täglich. Zu wissen, dass man mit wenig etwas bewirken kann. Zu lernen, dass es richtig ist, auf seine Intuition und seinen Reflex zu hören. Ich versuche die positiven Dinge vom Vorfall mitzunehmen.

GRA: Wie könnte das Bewusstsein für Zivilcourage in der Gesellschaft gestärkt werden? Wo würde es mehr Zivilcourage brauchen?

Iluska Grass: Ich bin der Überzeugung, Zivilcourage ist lernbar. Für jemanden und sich selber einzustehen, ist eng an das eigene Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen gebunden. Wer an sich glaubt, glaubt auch daran, etwas verändern zu können. Ich sehe das Potenzial in der Erziehung, schon früh die Kinder zu sensibilisieren, für sich und ihre Mitmenschen. Das beginnt im Kindergarten. Als junge Mutter beschäftige ich mich stark mit Erziehung. Ich möchte meine Tochter so erziehen, dass sie für sich selber und alle, die es brauchen, hinstehen kann. Mit beiden Beinen auf den Füssen sich für Gerechtigkeit einsetzt. Das sollte meiner Meinung nach einen festen Platz auch in der schulischen Erziehung finden. Ich hoffe, dass ich durch den Vorfall ein paar Menschen dazu motivieren konnte, in ihrem Alltag zu reagieren, wenn es sein muss.

GRA: Hast Du nach den Auszeichnungen Rückmeldungen aus der Bevölkerung erhalten? Positive sowie negative?

Iluska Grass: Nach den Auszeichnungen habe ich viele wohlwollende Worte erhalten, von Leuten, die mich als Kind kannten und irgendwo über mich gelesen haben, von Fremden und von meinen Bekannten. Direkte negative Rückmeldungen habe ich nie erhalten, aber ich weiss auch nicht, was sich diesbezüglich im Internet tummelt, da kann das natürlich schon anders sein, stören würde es mich jedoch nicht.

Wir helfen

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Wurden Sie Zeug:innen eines rassistischen oder antisemitischen Vorfalls oder wurden Sie selbst rassistisch oder antisemitisch beleidigt oder angegriffen?

10.04.2024

Diskriminierungsbericht 2023

Der neuste Bericht der GRA und GMS zum Jahr 2023 ist da.

Aufgrund der Ausweitung der Diskriminierungsstrafnorm Art. 261bis des Strafgesetzbuches (StGB) in den letzten Jahrzehnten, auch im Hinblick auf Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung, wurde der Bericht umbenannt und heisst nunmehr „Diskriminierungsbericht“ anstelle von „Rassismusbericht“.

Die umfassende Analyse der jährlichen Diskriminierungsfälle in der Schweiz 2023 zeigt einen sprunghaften Anstieg der antisemitischen Vorfälle nach dem Angriff der Hamas und dem nachfolgenden Krieg in Gaza. Damit einher geht eine zunehmende Sichtbarkeit von allgemein diskriminierenden Taten und Hassreden. Die insgesamt 98 registrierten Vorfälle im Jahr 2023 stellen eine Zunahme um mehr als die Hälfte im Vergleich zum Vorjahr dar.

Was für Schlüsse daraus zu ziehen sind und welche Konzepte im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus helfen können sind im vollständigen Bericht inklusive Interview mit Hannan Salamat vom Zürcher Institut für interreligiösen Dialog (ZIID) und der dazugehörigen Medienmitteilung zu finden.

 

Diskriminierungsbericht 2023

Medienmitteilung Diskriminierungsbericht 2023

 

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