Rechtsextremismus an Corona-Demonstrationen? Einschätzungen des Extremismusexperten
04.10.2021

Herr Althof, aktuell finden in der ganzen Schweiz regelmässig Coronademonstrationen statt. Das Gewaltpotential gewisser Demonstranten hat stark zugenommen. Gleichzeitig werden immer wieder auch rechtsextreme Gruppierungen unter den Protestierenden gesichtet. Um was für Gruppierungen handelt es sich dabei?

An den nun fast täglich stattfindenden Protesten zu den Coronamassnahmen findet sich eine sehr diverse Gruppe an Menschen zusammen. Die Freiheitstrychler beispielsweise, die in letzter Zeit viel Medienecho erhielten, sind zwar rechtsorientiert, jedoch keine Rechtsextremen. Es stimmt aber, dass an diesen Demonstrationen auch einige Rechtsextreme mitmarschierten, wie etwa Mitglieder der «Jungen Tat». Man erkennt sie an gewissen Emblemen, die sie tragen. Sie halten sich tendenziell aber eher zurück.

Welche Strategien verfolgen die rechtsextremen Demonstrierenden mit ihrem Auftreten?

Wie viele andere Gruppierungen auch, versuchen sie von der Bewegung zu profitieren und die eigene Reichweite zu erhöhen. In erster Linie geht es um Selbstdarstellung und die Produktion von Bild- und Filmmaterial für die eigenen Kanäle. Sie sind klassische Trittbrettfahrer in dieser äusserst heterogenen Gruppe an Demonstrierenden.

Und haben Sie damit Erfolg? Besteht die Gefahr, dass sie an den rege besuchten Coronademonstrationen neue Leute für ihr Gedankengut anwerben können?

Klar kann ein Demonstrationszug als Rekrutierungsplattform genutzt werden, um das eigene rechtsextreme Gedankengut zu bewerben. Aber für eine seriöse Rekrutierung neuer Mitglieder, die sich öffentlich zur rechtsextremen Szene bekennen braucht es einen längeren Beziehungsaufbau. Das Internet bietet hier ein viel grösseres Radikalisierungspotenzial. Viel gefährlicher scheinen mir aber jene Coronademonstranten, welche mit ihren Diktatur-Vergleichen die Legitimität des Staates in Frage stellen. Denn damit rechtfertigen sie die gewaltvollen Ausschreitungen gegen Institutionen und Politiker. Dort wo der Staatapparat per se zum Feind deklariert wird, wird es gefährlich.

 

 

*Samuel Althof, 1955 in Basel geboren, ist Leiter der Fachstelle für Extremismus- und Gewaltprävention. Er führt zudem eine Praxis für psychologische Beratung in Basel, das «Büro für innere und äussere Angelegenheiten». Seit über 20 Jahren engagiert er sich gegen Rassismus im Internet und hilft bei Entwicklungen von Strategien um Umgang mit Rechts- und Linksextremisten.

 

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10.04.2024

Diskriminierungsbericht 2023

Der neuste Bericht der GRA und GMS zum Jahr 2023 ist da.

Aufgrund der Ausweitung der Diskriminierungsstrafnorm Art. 261bis des Strafgesetzbuches (StGB) in den letzten Jahrzehnten, auch im Hinblick auf Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung, wurde der Bericht umbenannt und heisst nunmehr „Diskriminierungsbericht“ anstelle von „Rassismusbericht“.

Die umfassende Analyse der jährlichen Diskriminierungsfälle in der Schweiz 2023 zeigt einen sprunghaften Anstieg der antisemitischen Vorfälle nach dem Angriff der Hamas und dem nachfolgenden Krieg in Gaza. Damit einher geht eine zunehmende Sichtbarkeit von allgemein diskriminierenden Taten und Hassreden. Die insgesamt 98 registrierten Vorfälle im Jahr 2023 stellen eine Zunahme um mehr als die Hälfte im Vergleich zum Vorjahr dar.

Was für Schlüsse daraus zu ziehen sind und welche Konzepte im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus helfen können sind im vollständigen Bericht inklusive Interview mit Hannan Salamat vom Zürcher Institut für interreligiösen Dialog (ZIID) und der dazugehörigen Medienmitteilung zu finden.

 

Diskriminierungsbericht 2023

Medienmitteilung Diskriminierungsbericht 2023

 

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