Wenn ein Q dir die Welt erklärt
15.09.2020

Die Corona-Pandemie hat sich innerhalb kürzester Zeit zu einer globalen Krise entwickelt. Und während globaler Krisen haben Verschwörungstheorien Hochkonjunktur. Wie kommt das?

Verschwörungstheorien bieten simple Erklärungen für komplexe globale Phänomene und vermitteln dadurch ein Gefühl der Kontrolle in Zeiten grosser Unsicherheit. Es liegt daher nahe, dass jede gute Verschwörungstheorie eine kleine, überschaubare Gruppe (Eliten, Medien, Regierungen…) als Auslöser und Profiteure der Krise erkannt hat. Denn erst wenn die Krise erklärt und ein Sündenbock gefunden wurde, kann sich die breite Masse gegen diese zur Wehr setzen.

Auch die Bewegung QAnon, die ursprünglich aus den USA stammt, reiht sich ein in die uralten Muster der Verschwörungstheorien. QAnon wurde 2017 von einem anonymen Nutzer Namens Q gegründet und streut seitdem «Hinweise» in sozialen Netzwerken wie 8chan, um seine Follower über die «dunklen Machenschaften der Eliten» aufzuklären. Wie viele Anhänger die Bewegung bereits hat, ist schwer zu sagen. Bekannte QAnon Facebook-Gruppen zählen bis zu 100,000 Mitglieder und auf Twitter gibt es bereits über 150,000 Konten, die sich mit der Bewegung assoziieren. Auch in der Schweiz wächst die Anhängerschaft.

Ein Hauptgrund für das starke Wachstum ist das Gefühl der Gemeinschaft und die Möglichkeit, sich aktiv am Aufschlüsselungsprozess eines «geheimen Rätsels» beteiligen zu können. Die ursprüngliche Ohnmacht verwandelt sich dadurch in Ermächtigung und Überlegenheit gegenüber all jenen, die «die Wahrheit noch nicht erkannt» haben.

QAnon ist schlussendlich aber nur eine alte Erscheinungsform in neuem Deckmantel. Wie die meisten Verschwörungstheorien orientiert sich auch sie an einem klar antisemitischen Narrativ, wie etwa an den Protokollen der Weisen von Zion. Diese rein fiktive Schrift wurde 1903 verfasst, um die Verschwörungstheorie einer heimlichen jüdischen Beherrschung der Welt zu verbreiten. Das Dokument, das in dutzende Sprachen übersetzt wurde, ist auch nach 100 Jahren noch im Umlauf und fungiert als wirkungsvolles Mittel antisemitischer Hetze.  Auch QAnons abstruse Überzeugung, eine Elite versklave kleine Kinder und trinke deren Blut als Lebenselixier, leitet sich aus der antisemitischen Legende der Ritualmorde ab.

Die Bekämpfung solcher Bewegungen gestaltet sich als schwierig, wenn man bedenkt, dass sich Verschwörungstheorien oftmals über Jahrzehnte in der Gesellschaft halten können. Gefordert sind neben den Behörden und der Polizei auch die Zivilgesellschaft, die Gefahr läuft, als schweigende Mehrheit im Diskurs verloren zu gehen.

Mehr zum Thema Zivilcourage im Alltag lesen Sie hier.

Mehr zum Thema antisemitische Verschwörungstheorien finden Sie hier oder hier.

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10.04.2024

Diskriminierungsbericht 2023

Der neuste Bericht der GRA und GMS zum Jahr 2023 ist da.

Aufgrund der Ausweitung der Diskriminierungsstrafnorm Art. 261bis des Strafgesetzbuches (StGB) in den letzten Jahrzehnten, auch im Hinblick auf Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung, wurde der Bericht umbenannt und heisst nunmehr „Diskriminierungsbericht“ anstelle von „Rassismusbericht“.

Die umfassende Analyse der jährlichen Diskriminierungsfälle in der Schweiz 2023 zeigt einen sprunghaften Anstieg der antisemitischen Vorfälle nach dem Angriff der Hamas und dem nachfolgenden Krieg in Gaza. Damit einher geht eine zunehmende Sichtbarkeit von allgemein diskriminierenden Taten und Hassreden. Die insgesamt 98 registrierten Vorfälle im Jahr 2023 stellen eine Zunahme um mehr als die Hälfte im Vergleich zum Vorjahr dar.

Was für Schlüsse daraus zu ziehen sind und welche Konzepte im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus helfen können sind im vollständigen Bericht inklusive Interview mit Hannan Salamat vom Zürcher Institut für interreligiösen Dialog (ZIID) und der dazugehörigen Medienmitteilung zu finden.

 

Diskriminierungsbericht 2023

Medienmitteilung Diskriminierungsbericht 2023

 

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