Misrachim

Weitere Begriffe zum Thema Judentum:

Misrachim (von hebräisch «Misrach» = Osten) ist eine Bezeichnung für Jud:innen aus der arabischen Welt und anderer muslimischer Länder sowie die sogenannten Bergjud:innen, die indischen Jud:innen und diejenigen aus dem Kaukasus und Georgien.

Als die Jud:innen im 14. und 15. Jahrhundert aus Spanien und Portugal vertrieben wurden, flüchteten viele von ihnen in islamische Länder, nach Nordafrika und in den Balkan. Die von der iberischen Halbinsel kommenden Jud:innen und ihre Nachkommen wurden «Sephardim» genannt («S’farad» ist der hebräische Name für Spanien). Die Sephardim trafen in vielen islamischen Ländern auf einheimische jüdische Gemeinschaften; Traditionen und Gebräuche der zugewanderten sephardischen und der einheimischen Jud:innen in diesen Ländern vermischten sich über die Jahrhunderte.

Das israelische (aschkenasische) Establishment hat lange alle nicht aschkenasischen Jud:innen als Sephardim bezeichnet, obwohl es in jenen Ländern des Ostens und Südens, wohin keine Sephardim gelangt waren (z.B. im Irak, in Iran und in Zentralasien), grosse eigenständige jüdische Gemeinden gegeben hatte. Für die Nachkommen dieser nicht sephardischen Jud:innen hat sich der Begriff Misrachim (hebräisch: Ëidot HaMisrach) eingebürgert. Hier handelt es sich um eine neutrale Bezeichnung.

Eine andere Verwendung des Begriffes ist nicht neutral, sondern verweist auf den Status der Misrachim als Diskriminierte und Unterdrückte. Seit den 1980er Jahren wird Misrachim in intellektuellen Kreisen, vor allem von post-zionistischen Akademiker:innen, als Bezeichnung für alle nicht aschkenasischen Jud:innen verwendet (also auch für die Sephardim). Misrachim bezeichnet hier all jene Menschen, deren kulturelle Traditionen vom aschkenasisch-europäisch-westlichen Establishment in Israel delegitimiert und unsichtbar gemacht werden. In diesem Verständnis sind Aschkenasim Angehörige der hegemonialen europäisch-westlichen Mächte und Misrachim Angehörige der kolonisierten Völker des Südens und Ostens.

Viele Misrachim immigrierten nach der Gründung des Staates nach Israel, weil sie in ihren arabischen Heimatländern verfolgt wurden und weil israelische Emissär:innen ihre Bereitschaft, nach Israel einzuwandern, förderten. Bei ihrer Ankunft wurden sie in Zeltstädte einquartiert. Ihre Integration in die (aschkenasische) israelische Bevölkerung war ein jahrzehntelanger und schwieriger Prozess, der mit ihrer sozialen und kulturellen Diskriminierung einherging. In den vergangenen Jahrzehnten haben Aschkenasim und Misrachim in Israel immer mehr untereinander geheiratet; dies und der gemeinsame Gebrauch des Hebräischen hat so nachhaltig gewirkt, dass heute Misrachim genau wie Aschkenasim prominente Positionen in Armee und Regierung einnehmen.

Siehe auch die Einträge zu AschkenasimSephardim und Postzionismus.

© GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, 2015

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10.04.2024

Diskriminierungsbericht 2023

Der neuste Bericht der GRA und GMS zum Jahr 2023 ist da.

Aufgrund der Ausweitung der Diskriminierungsstrafnorm Art. 261bis des Strafgesetzbuches (StGB) in den letzten Jahrzehnten, auch im Hinblick auf Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung, wurde der Bericht umbenannt und heisst nunmehr „Diskriminierungsbericht“ anstelle von „Rassismusbericht“.

Die umfassende Analyse der jährlichen Diskriminierungsfälle in der Schweiz 2023 zeigt einen sprunghaften Anstieg der antisemitischen Vorfälle nach dem Angriff der Hamas und dem nachfolgenden Krieg in Gaza. Damit einher geht eine zunehmende Sichtbarkeit von allgemein diskriminierenden Taten und Hassreden. Die insgesamt 98 registrierten Vorfälle im Jahr 2023 stellen eine Zunahme um mehr als die Hälfte im Vergleich zum Vorjahr dar.

Was für Schlüsse daraus zu ziehen sind und welche Konzepte im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus helfen können sind im vollständigen Bericht inklusive Interview mit Hannan Salamat vom Zürcher Institut für interreligiösen Dialog (ZIID) und der dazugehörigen Medienmitteilung zu finden.

 

Diskriminierungsbericht 2023

Medienmitteilung Diskriminierungsbericht 2023

 

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